Heute findet die Trauerfeier für Queen Elisabeth II. in London statt. Ich habe ein bisschen von der Fernsehübertragung gesehen und immer noch Gänsehaut von diesem riesigen, perfekt inszenierten Theaterstück. So viele Teilnehmer, so viele Menschen in zum Teil absurden Uniformen. Jeder Handgriff, jeder Schritt, jedes Wort, alles perfekt einstudiert. Unsere Trauerfeier am vorletzten Wochenende war vielleicht weniger pompös, doch ich bin mir sicher, dass wir die schöneren Trauerkarten hatten.

Kurz vor der Queen ist meine Mutter gestorben. Im Alter von 93 Jahren ist sie, nach einem Unfall und einer unangenehmen Operation, aber dann doch sehr friedlich eingeschlafen. Natürlich schmerzt das sehr, die Trauer wird nicht kleiner, nur weil ein Mensch sehr alt geworden ist. Und als hätte man nicht schon genug mit der eigenen Trauer zu tun, muss man sich als Hinterbliebener unter anderem darum kümmern, die traurige Nachricht an Verwandte, Nachbarn, Bekannte und Freunde zu transportieren. 

Wenige Wochen vor meiner Mutter starb ihre Schwester. Ich hatte keinen sehr intensiven Kontakt zu Tante Marille, aber ich mochte sie und ihre Kinder. Also wollte ich eine schöne Kondolenzkarte schicken. Die schönsten Karten kauft man in meiner Gegend bei Balloni. Nicht nur die Karten dort sind schön, Balloni hat eines der geschmackvollsten Ladenlokale in Köln. Die Eigentümer haben vor über 30 Jahren mit Geld und Sachvestand eine ehemalige Ehrenfelder Kranfabrik umgebaut und machten diese zu einer Top-Adresse nicht nur für heliumgefüllte Ballons. Hier erhält man alles rund um einen gelungenen Event, also auch die schönsten Glückwunsch- und Kondolenzkarten. Dachte ich. Die Karten, die ich dort fand, waren nicht im üblichen Design – schwarzes Kreuz auf grauem Grund mit Beileidsbekundung – schon schöner, aber sie sahen genau so traurig aus, wie der eigentliche Anlass. Aber traurig sind ja ohnehin schon alle, wenn jemand gestorben ist. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass man das nicht auch noch unterstreichen muss.

Bei unserer eigenen Karte versuchte ich – mit aller Pietät – das Wesen meiner verstorbenen Mutter, ihr Erbe, das Schöne, das bleibt, die Hoffnung auf ein Leben nach dem Leben darzustellen. Sie hinterließ vier Söhne, fünf Enkelinnen, vier Enkel, sieben Urenkelinnen und einen Urenkel. Zusammen mit den jeweiligen Partnerinnen und Partnern fanden sie ihren Platz auf der Karte und in einer Tageszeitungsanzeige. Ich glaube, meiner Mutter hätte das Motiv gefallen.