Es ist scheinbar unaufhaltsam. Genau wie Halloween eines Tages in Form von Kürbis-Lichterketten und gruselig verkleideten Kindern in unsere Vorgärten einmarschierte und dessen Beliebtheit mittlerweile die traditionelle Konkurrenzveranstaltung Sankt Martin zu überholen droht, so überrennt uns gerade ein gewisser Hype um American Football. Warum das so ist, kann ich weder verstehen noch will ich mich damit näher beschäftigen. Ich habe es wiederholt versucht, mir den Super Bowl anzusehen, auch diesmal wieder, und aus Sicht eines Werbemenschen ist das Spektakel durchaus interessant. Schade nur, dass die ausgedehnten Werbeblöcke immer wieder, wenn auch nur kurz, durch die Aktionen gepanzerter Sportler unterbrochen werden. In sportlicher Hinsicht bevorzuge ich die meisten anderen Leibesübungen, in denen sich Menschen austoben, zum Beispiel Snooker, Headis oder Minigolf. Bei diesen Sportarten gibt es höchstwahrscheinlich mehr Ball-Action als beim Football, bei dem sich in einem dreistündigen Spiel der Ball gerade mal 11 Minuten bewegt. Ich gebe zu, dass ich die Football-Regeln immer noch nicht ganz verstehe und wahrscheinlich deswegen nicht so viel damit anfangen kann. Aber verstehen die ganzen Menschen in Deutschland diese, die vorletzte Nacht – trotz Karneval! – unbedingt den Super Bowl sehen wollten? Trotz des Finales des Africa Cups? Trotz des Spiels TSG Hoffenheim – 1. FC Köln? Oder ging es um die legendäre Halftime-Show, in der diesmal der Sänger Usher im Mittelpunkt stand? Und das ganze Drumherum mit der Musikerin Taylor Swift, der angeblich berühmtesten Frau der Welt, die mit einem Spieler der Kansas City Chiefs liiert ist? Vielleicht verstehe ich eines Tages die Begeisterung für Football. Mit Halloween, das hat bei mir auch relativ lange gedauert.

Passend zum Thema lief vor ein paar Tagen eine arte-Doku zum 20. Jahrestag des sogenannten „Nipple-Gate“ um Sängerin Janet Jackson, die dem Fernsehpublikum in der Halftime Show des Superbowl 2004 aus Versehen oder auch nicht ihre rechte Brust zeigte. Immerhin 90 Millionen US-Amerikaner waren Zeugen. Ich wusste zwar, dass diese „Panne“, die der beteiligte Musiker Justin Timberlake im Interview „Wardrobe malfunction“ nannte, in den USA für Aufsehen gesorgt hatte, mir war aber nicht klar, in welchem Maße das geschah. MTV, der Sender, der die Halftime-Show produziert hatte, durfte das danach nie wieder tun, Radiosender spielten die Musik von Janet Jackson nicht mehr, sie wurde de facto von den Grammys ausgeladen, kurz: ihre Karriere ging den Bach runter. Wegen einer einzelnen Brust, die noch nichtmal ganz entblößt war, sondern mit einem sternförmigen Schmuckstück teilweise verdeckt blieb. In meinen Augen sah das relativ angezogen aus. In der aktuellen Halftime Show hat Usher alles von sich gezeigt, oben herum, und alle Zuschauer waren begeistert.

Einer meiner Kunden machte sich die Publicity im Frühling 2004 zunutze. Auf seinem „TownFence“, einem zwei Meter hohen und 30 Meter langen Banner, wurde für das Album von Janet Jackson geworben – mit der nackten Brust. Dieses Segment des TownFence wurde mehrfach gestohlen, was aber nur für noch mehr Schlagzeilen sorgte. Und auch ich habe in gewisser Weise von der Geschichte profitiert. Für eine Anzeige für den TownFence im Interviewmagazin Galore habe ich mir ein wie ich finde extrem lustiges Fake-Interview ausgedacht. In diesem wurde auch wieder Janet Jackson, ihre Brust und der Super Bowl erwähnt. Was dann ein weiteres Mal für Aufsehen sorgte. Und für neue Kunden. Danke Janet, danke American Football!